Du warst die Sorte Kind, die bei den Erwachsenen nicht beliebt ist.
Eine Frau zwischen Ekstase und innerer Leere
Adèle ist gefangen in einem Job, der sie ermüdet, in einer Ehe, die mehr neben- als miteinander stattfindet und in einem Haus, das sie nicht als Zuhause empfindet samt Kind, welches sie eigentlich nie gewollt hat. Adèle, eine Frau, die den Erwartungen und Zwängen der Gesellschaft nachgegeben hat?
Wer sich hier ein Buch über die Selbstbestimmung und sexuelle Freiheit der Frau unter dem allgegenwärtigen feministischen Einfluss erhofft, sollte in der Buchhandlung besser weitergehen.
Ich war einfach neugierig, einen weiblichen Charakter kennenzulernen, der sich intensiv mit der eigenen Sexualität auseinandersetzt, Spaß an der Lust empfindet und sich nicht scheut dem eigenen Verlangen nachzugehen, so, wie es in Literatur, Film und Co. gerne immer nur den Männern eingeräumt wird.
Wäre die Protagonistin hier ein Mann, wäre dies sicherlich keinem Verlag der Welt einen eigenen Roman wert.
Nach einem vielversprechenden Beginn hat die Autorin dann leider doch bloß wieder zahlreiche Klischees von einer Liste abgehakt, um über verstörende erste sexuelle Erfahrungen und einer schwierigen Kindheit in ärmlichen Verhältnissen das typische Schema einer vom Leben gebrochenen Frau zu erschaffen, welche einen zerstörerischen Feldzug gegen sich selbst führt.
Der Schreibstil ist kühl und distanziert, nahezu völlig emotionslos, was wiederum sehr gut zu Adèle passt. Man kommt nie an sie heran. Möchte es ab einem bestimmten Zeitpunkt auch nicht mehr. Ein düsteres, kurzweiliges Buch, durch welches ich nichts verloren habe – aber eben leider auch nichts dazugewonnen.
All das zu verlieren von Leïla Slimani,
erschien 2019 bei derHörverlag.
303 Minuten
Orig. Titel: Dans le jardin de l’ogre, 2014 bei Gallimard
GOODREADS | AMAZON | VERLAG